Leseförderung in der Unterstufe

Aus Schulprogramm der Roseggerschule
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Einordnung Lehrplan/Schulische Relevanz

Die Lesekompetenz erfüllt eine Schlüsselfunktion in unserer Gesellschaft und gilt als zentrale Voraussetzung für die gesellschaftliche, politische und soziale Teilhabe (vgl. Schenk 2016, Wagner 2008). Kainz (1967) beschreibt Lesen als das „verstehende Aufnehmen von schriftlich fixierten Sprachgefügen“. Dabei ist unter der Fähigkeit lesen zu können, mehr zu verstehen, als die Fähigkeit, die Buchstaben zu entziffern, da sie zusätzlich Fähigkeiten des Deutens und Verstehens umfasst (vgl. Schenk 2016). Die Entnahme eines Sinns, der mithilfe dieser abstrakten Zeichen (Buchstaben) repräsentiert wird, ist für dieses Verständnis erkenntnisleitend.

Kinder sammeln schon früh und in sehr unterschiedlichem Maße Erfahrungen mit Texten und Medien verschiedener Art.

Der Lehrplan im Fach Deutsch in NRW greift die unterschiedlichen vor- und außerschulischen Erfahrungen der Schülerinnen und Schüler auf und geht von einem umfassenden Textbegriff aus. Dieser schließt altersgerechte, literarische Texte, kontinuierliche und diskontinuierliche Sachtexte sowie audio-visuelle Medienprodukte ein. Lesefähigkeiten stellen eine notwendige Voraussetzung für den kompetenten Umgang mit Texten und Medien dar und ermöglichen erfolgreiches Lernen (in allen Unterrichtsfächern).

Leseniveau-Stufen

Das Stufenmodell der Entwicklung kindlicher Lese- und Schreibstrategien nach Günther (1986) ist ein mehrphasiges Modell, das die beiden Modalitäten Lesen und Schreiben in ihrer Entwicklung und in ihrem gegenseitigen Einfluss beschreibt. Dem Modell zufolge verläuft die Entwicklung des Lesens in fünf zweistufigen Phasen, die durch die folgenden Strategien gekennzeichnet sind:

  1. präliteral-symbolisch: Erkennen von Bildern und Symbolen
  2. logographemisch: Erkennen von Wörtern aufgrund ihrer äußeren Gestalt (z.B. Wiedererkennen des eigenen Namens)
  3. alphabetisch: Zuordnung von Lauten und Buchstaben
  4. orthographisch: Lesen von Buchstabenclustern und Morphemen
  5. integrativ-automatisiert: automatisiertes Lesen.

Zu Beginn des Schriftspracherwerbs geht es in erster Linie um den Erwerb des Dekodierprozesses, dessen zunehmende Automatisierung eine höhere Konzentration auf Leseverständnisprozesse erlaubt. Damit bildet Leseflüssigkeit eine wichtige Voraussetzung für das Leseverstehen.

Bertschi-Kaufmann (2008) zufolge erfordert das Leseverstehen, das Herstellen von Sinnzusammenhängen, mit Zugriff auf das mentale Lexikon, sodass den gelesenen Wörtern und Sätzen eine Bedeutung zugeschrieben werden kann. In Bezug auf das Leseverständnis sind folgende Verarbeitungsschritte notwendig, die in ihrer Komplexität zunehmen: Zum einen stellt der individuell verfügbare Wortschatz (Wortverständnis) eine wichtige Voraussetzung dar, zum anderen sind auch syntaktisch-grammatikalische Kompetenzen erforderlich, um komplexe Sätze verstehen zu können (Satzverständnis). Ansonsten ist im Hinblick auf Texte ebenso das Textverständnis, also das Integrieren von Informationen aus verschiedenen Sätzen, von Bedeutung.

Diagnostik

Um sich regelmäßig den Stand der Lesefertigkeiten der Schülerinnen und Schüler zu überprüfen, werden in der Diagnostikphase im Frühjahr eines Jahres mithilfe des Potsdamer Lesetests (PLT) die Lesefertigkeiten individuell erhoben.

Der PLT wird als Diagnoseinstrument der Lesefähigkeit in den Klassenstufen 1 bis 4 der Grundschule jeweils zum Schuljahresende (letzte 3 Monate des Schuljahres) eingesetzt. Der Test kann einzeln, in Kleingruppen oder in der gesamten Klasse durchgeführt werden.

Der PLT ist ein praxisnaher, standardisierter Lesetest. Er beinhaltet zwei Untertests, die primär quantitativ ausgewertet werden. Mithilfe des Untertests „Worterkennen“ (WE) werden basale Lesefertigkeiten auf der Wortebene ermittelt. Mithilfe des Untertests „Leseverstehen“ (LV) wird das Leseverständnis auf der Textebene erfasst. Anhand der Ergebnisse können individuelle Förderbedarfe bei Kindern aufgedeckt werden. Pro Klassenstufe steht ein eigenes Testheft zur Verfügung. Für die Testdurchführung wird pro Kind ein Testheft benötigt, welches auf der Rückseite einen Auswertungscode enthält.

Konkrete Umsetzung der Leseförderung

Im Fokus der konkreten Umsetzung der Leseförderung stehen die individuellen Lernvoraussetzungen der einzelnen Schülerinnen und Schüler. Anhand derer werden geeignete Leseangebote ausgewählt. Diese dienen dazu, die Lernenden in den folgenden Bereichen zu fördern:

  • Lesemotivation
  • Leseflüssigkeit/-geschwindigkeit
  • Leseverständnis
  • Lautes Lesen/Vorlesen

Um diese Bereiche zu fördern, stehen unterschiedliche Übungs- und Fördermöglichkeiten zur Verfügung (Auswahl):

  • Freie Lesezeiten (interessengeleitetes Lesen)
  • Lautlesetraining
  • Vorlesen
  • Tandemlesen
  • Leseraum LeOn
  • regelmäßige Lesehausaufgaben
  • Leseverständnistraining
  • Lesespurgeschichten
  • Lesespaziergänge
  • Silbenrutschen, Silbenteppiche
  • Blitzlesen (z.B. mit Funktionswörtern)
  • Lektüren (Lesen einer Ganzschrift)


Die Auswahl erfolgt je nach Alter und dem Leseniveau angepasst.

Weiterhin wird den Lernenden regelmäßig durch die Lehrenden vorgelesen. Denn beim Vorlesen erlebt das Kind, dass Bücher und Geschichten Spaß machen.

Kinder, denen oft vorgelesen wird,

  • lernen später meist leichter lesen
  • haben oft bessere Noten in der Schule
  • haben häufig mehr Freude an Büchern
  • lernen, konzentriert zuzuhören
  • lernen, neue Wörter und komplizierte Sätze zu verstehen


Im fachübergreifenden Unterricht (v.a. im Sachunterricht oder Mathematik) wird der Umgang mit diskontinuierlichen Texten (bspw. Diagramme, Tabellen, Schaubilder und schematische Darstellungen) geübt.